Baudenkmal Drahtzaunfabrik

Das um 1885 errichtete Fabrikgebäude am Müggelseedamm 208 in Berlin-Friedrichshagen dient heute als Wohn- und Geschäftshaus. Unter anderem beherbergt der Ziegelbau mit der restaurierten Aufschrift „Drahtgeflecht-, Gitter- und Drahtzaun-Fabrik“ eine Tanzschule und mehrere Arztpraxen. Ihren aktuellen Namen trägt die Straße am Nordufer des Müggelsees seit April 1932. Die Etagenfabrik nahe dem Seebad Friedrichshagen hat eine bewegte Geschichte mit sehr verschiedenen Nutzern.

Die Firma „Hugo Wolff & Paul Friedrich“ aus Friedrichshagen bei Berlin war bereits auf Drahtzäune spezialisiert. Im Technischen General-Anzeiger für den Oberschlesischen Industrie-Bezirk (Organ für Industrie, Baugewerbe und Handwerk) vom 15. Januar 1908 warb sie auf Seite 21 außerdem für ihre verzinkten Drahtzäune und ihren Stacheldraht. Für Letzteren sollte die große Zeit bald kommen …

Seit 1920 stand als Nachfolger die Drahtzaunfabrik „Rehdorf & Engel“ im Berliner Handelsregister. Da lautete die Adresse noch Seestraße 42. In einem als Anzeige gestalteten Eintrag im Berliner Adressbuch des Folgejahres wird das Unternehmen beworben als „Spezialfabrik in Drahtgeflechten für Drahtzäune, Hühnerhäuser, Fahrstühle etc.“ Im Angebot sind auch „Schutzgitter f. Fenster, Türen, Maschinen“ sowie „Reparaturen aller Art“. Spätestens 1927 sind Rehdorf & Engel dann in die Cöpenicker Straße 42 umgezogen.

Bereits 1921 war die Maximo GmbH bei der Drahtzaunfabrik mit eingezogen. Deren Geschäftsführer Max Schneidenbach ließ sich 1922 vom US-Patentamt eine „Antriebsvorrichtung für Wasserfahrzeuge“ zertifizieren. Ende der 1920er Jahre befanden sich hier außerdem die Jalousie-Fabrikation H. Priemel, die Melkerei Wunderlich sowie die „Vollkommen & Co“. Glasschleiferei. Später kam eine Bildgießerei (Gbr. Hoffmann) hinzu und in der Nazizeit nahm eine Friedrichshagener Ortsgruppe der NS-Volkswohlfahrt Quartier.

Nicht zuletzt beherbergte das Grundstück die 1905 gegründete Yacht- und Bootswerft „Berkholz & Gärsch“ (ehemals Praetzel). 1927 wurde dort für Albert Einstein der Jollenkreuzer „Tümmler“ gebaut. 1944 erlitt die Werft bei einem Luftangriff schwere Bombenschäden. Die aus ihr hervorgegangene „Bootswerft Franz Gärsch“ existierte mindestens bis 1961.

In den späteren 1960er Jahren gibt es in den Berliner Fernsprech-Branchenbüchern Einträge unter dieser Adresse für die Herrenbekleidungsfabrik „Goerke & Sander KG“, die Tischlerei von Heinz Profft sowie für eine Lederbekleidungs- und Täschnerwaren PGH. In den späteren DDR-Jahren war dann die wohl daraus hervorgegangene Produktionsgenossenschaft des Handwerks „Letex“ Berlin (spezialisiert auf Anfertigung und Reparatur von Planen und Zelten), Hauptmieter am Müggelseedamm 208. Und Reinhard Hanusa hatte hier seine Vertragswerkstatt für Rasenmäher „Trolli“.