Tödliche Geschäfte

Zum Weltwirtschaftsforum brachte Bolsonaro das Vorschußlob der Börsen mit. Kommentar

Viele Extras, viele Schnäppchen: Das „neue Brasilien, das wir aufbauen“, kommt ins Angebot, präsentiert sich der Welt. Besonders dem Teil, der alles am Laufen hält: der Geschäftswelt. Jair Bolsonaro war als Absatzhelfer des Kapitals in der größten Volkswirtschaft Südamerikas Neuling auf dem Gipfel in den Alpen. Zum Weltwirtschaftsforum brachte er das Vorschußlob der Börsen mit, die seit seiner Wahl im vergangenen Oktober dem Faschisten und seinem ultraliberalen Guru Paulo Guedes mit steigenden Kursen applaudieren.

Der von den Medien zum „Trump der Tropen“ ausgerufene Staatenlenker absolviert in Davos seine Premiere im Ausland. Sein Auftritt am Dienstag vor der Managerelite – Leuten also, die echt was zu sagen haben – ist deren Höhepunkt. Der war mit Spannung erwartet worden. Schließlich hat man schon das eine oder andere Unschöne über Bolsonaro gehört. Da der Mann nicht viel Text hat, fällt seine Ansprache mit sechs Minuten übersichtlich aus. Seit der vor dem Kongress zum Antritt am Neujahrstag hat sich an der Rede nicht viel getan. Aber etwas doch. Für das internationale Publikum wurde mehr Kreide, mehr „Frieden, Freiheit und Demokratie“ untergerührt. Er trägt das kleine Märchen vor von einem siegreichen Wahlkampf mit den bescheidensten Mitteln.

Nicht unbescheiden stellt er sich als der Präsident vor, der „zum ersten Mal in Brasilien“ ein „Team von qualifizierten Ministern“ um sich geschart habe. Die müssen ihm klargemacht haben, dass Absichten und Werbeaussagen für einen Staatsmann zwei paar Schuhe sind. Also nicht: Profite vor Umwelt und Regenwald, sondern: Der Argrarsektor ist der beste Umweltschutz. Es geht ja nur um das richtige Gleichgewicht von Wachstum und Entwicklung. „Wie bei Whats-App, verstehst du?“ Eine Pressekonferenz für echte Fragen: natürlich abgesagt.

Sicher ist sicher: Zu Hause setzen seine Generäle ihren Präsidenten bei Reden nun vor den Teleprompter, nachdem sie Bolsonaros Aussagen zu oft dementieren mussten. Große Medien werfen endlich doch Licht auf die dunklen Geschäfte des Bolsonaro-Clans und dessen Verbindungen zu Rios blutbefleckten Milizen. Der kleine frühere Hauptmann ist noch längst kein früherer kleiner Gefreiter. Mit Erschießung drohte der im schönen Davos natürlich niemandem. Die Brutalitäten, die er ankündigt, haben weit größere Dimensionen.

Bolsonaro verspricht, was Konzernlenker gern hören: Steuern runter, weg mit Filz und Bürokratie, Reformen, Reformen, Reformen, umfassende Privatisierungen. Und eine starke Hand, die über sie wacht. Er kündigt große Investitionen im Bereich der Sicherheit an. Den Waffenhandel hat er bereits liberalisiert. An dieser Stelle hätte seine berühmte Pistolero-Geste gut gepasst. Aber die Investoren stehen auf diesem Markt ja bereits Schlange. Die „offenen Arme“ Brasiliens, von denen Bolsonaro in Davos spricht, gelten den Multis. Die Anziehung ist gegenseitig.

Von Peter Steiniger. Erschienen in junge WeltAusgabe vom 24.01.2019, Seite 8, Link