Tödliche Ausbeutung

Brumadinho-Unglück ist Folge katastrophaler Zustände in Brasiliens Bergbau

Nach dem verheerenden Dammbruch an der Eisenerzmine Córrego do Feijão des Vale-Konzerns im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais am vergangenen Freitag halten die Arbeiten zur Bergung der Opfer weiter an. Die Schlammlawine hatte sich über zehn Kilometer weit ihren Weg gebahnt, Betriebsstätten und Teile der Ortschaft Brumadinho unter sich begraben.

Die Behörden bestätigten am Dienstag (Ortszeit) 65 Tote, von denen 31 bereits identifiziert wurden. 279 Menschen gelten noch als vermisst. Hoffnung, noch Überlebende zu finden, besteht keine mehr. 130 Personen wurden obdachlos.

Das neuerliche Unglück ruft die Tragödie von Mariana in Erinnerung. Sie gilt als größtes Umweltverbrechen in Brasiliens Geschichte. Das sie verursachende Bergbauunternehmen Samarco gehört zur Hälfte Vale. Beim Dammbruch am Ortsteil Bento Rodrigues am 5. November 2015 starben 19 Menschen, der giftige Schlamm kontaminierte die Flüsse im Einzugsbereich des Rio Doce, der über Hunderte Kilometer verseucht wurde. Die Folgen der jetzigen Katastrophe sind noch nicht absehbar.

Die rücksichtslose Ausbeutung der vor allem für den Export bestimmten Ressourcen kennzeichnet Brasiliens Bergbau. Es mangelt an Kontrollen, Sicherheitsstandards werden ignoriert, Strafen gegen Unternehmen werden nicht vollzogen. Nach einem Bericht der Nationalen Bergbaubehörde ANM zur Anlagensicherheit von 2017 besitzt fast jeder zweite Damm in Brasilien keine offizielle Zulassung. 3.543 befinden sich demnach in Risikogebieten, bei 723 würde ein Bruch zu Großschäden führen.

In Brasilien läuft nun die Suche nach den Schuldigen an der Kata­strophe. Die Regierung bildete einen Krisenstab und ordnete eine Überprüfung sämtlicher Dämme an. Gelder des Vale-­Konzerns werden von der Justiz blockiert, der Aktienkurs des Unternehmens, an dem etwa 500.000 Arbeitsplätze hängen sollen, sackte um ein Viertel ab.

Die Polizei nahm mittlerweile drei Mitarbeiter der Betreiberfirma sowie zwei externe Ingenieure des Münchener Unternehmens TÜV Süd, die den Damm erst vor wenigen Monaten für intakt befunden hatten, in Gewahrsam. Der Damm von Brumadinho galt als technisch veraltet. Vale hatte für dieses Jahr eine beträchtliche Ausweitung der Erzförderung in der Region geplant.

Von Peter Steiniger. Erschienen in junge WeltAusgabe vom 30.01.2019, Seite 2, Link