Arbeitskämpfe an Spaniens Flughäfen

Da konnten sie lange warten. Der Streik des Sicherheitspersonals am Flughafen La Prat der spanischen Metropole Barcelona fiel mitten in die sommerliche Hauptreisezeit. Für die Reisenden bedeutete er längere Schlangen an den Kontrollen. Für die 360 dort Tätigen gibt es gute Gründe, sich gegen ihre Arbeitsbedingungen zur Wehr zu setzen. Nur 800 bis 1100 Euro brutto tragen die Beschäftigten des international agierenden Sicherheitsunternehmens Eulen im Monat nach Hause. Beginnend mit dem 4. August setzten sie mit Warnstreiks dessen Management unter Druck. Das hatte zwar Lohnerhöhungen – für die unteren Gehaltsgruppen um bis zu 200 Euro – angeboten. Für den Lebensunterhalt wäre aber auch das in einer Region wie der katalanischen Hauptstadt kaum ausreichend. Folgerichtig lehnte eine Belegschaftsversammlung den Vorschlag mit deutlicher Mehrheit ab und kündigte an, in einen unbefristeten Ausstand zu treten. Neben mehr Geld ist eine deutliche Aufstockung des Personals eine der zentralen Forderungen des revoltierenden Personals an den Checkpoints von La Prat.

Mit der Zunahme des Tourismus und der Billigfliegerei haben besonders in Barcelona die Passagierzahlen abgehoben. Zwischen 2009 und 2016 schnellte das Aufkommen um 60 Prozent empor. Die Zahl der Kontrolleure hingegen wurde um mehr als ein Viertel reduziert – eine massive Arbeitsverdichtung ist die Folge. Der Kampfansage der Beschäftigten vorausgegangen waren erfolglose Vermittlungsversuche unter Beteiligung von Vertretern der katalanischen und der Madrider Regierung. Letztere rief nun – zum „Schutz der öffentlichen Sicherheit“ und unter Rückgriff auf ein Gesetz aus der Zeit der Franco-Diktatur – die paramilitärische Guardia Civil nach La Prat. Die Beamten sollten dafür sorgen, daß es trotz des Ausstands bei der Kontrolle von Passagieren und Gepäck flüssig zuging. Den Streikenden sollten die Instrumente gezeigt werden, obwohl gerade mal zehn Prozent der Eulen- Angestellten nach den geltenden Regeln tatsächlich zur selben Zeit die Arbeit niederlegen dürfen. Für die längeren Wartezeiten der Passagiere ebenso verantwortlich waren gerade neu eingeführte Sicherheitsbestimmungen der EU, die an vielen Airports zunächst für größere Staus sorgten.

Arbeitskämpfe von unzufriedenem Sicherheitspersonal sahen in diesen Wochen auch die spanischen Flughäfen von Santiago de Compostela und A Coruña. Sie sind auch eine Folge der in Spanien durchgesetzten Privatisierungen bei den Flugsicherheitskontrollen. Ohnehin kommt die Erholung der Wirtschaft, weitgehend einer Zunahme des Tourismus zu verdanken, nur wenigen nachhaltig zugute. Fast alle Jobs sind auf Wochen oder Monate befristet, fast immer sind die Löhne miserabel. Die Ausstände in Barcelona gaben das Signal für breite Arbeitskämpfe in der gesamten Branche. Mehrere Gewerkschaftsverbände kündigten Mitte August für den Herbst und Winter eine Serie von Streiks an.

Die UGT und die Comisiones Obreras ebenso wie die kleinere Organisation USO und die Vertretung der öffentlich Angestellten CSIF wollen auch für die Angehörigen des Bodenpersonals und der Flughafenfeuerwehren, für Elektriker, Techniker und Servicekräfte Lohnerhöhungen erkämpfen, welche den Verlust an realer Kauf kraft in den vergangenen Jahren mindestens ausgleichen. Ihr Aufruf richtet sich an 8200 Beschäftigte der Gruppe Aena, die der größte Betreiber von Flughäfen weltweit ist und allein in Spanien bei 46 Regie führt. 230 Millionen Passagiere wurden auf diesen im vergangenen Jahr abgefertigt. Den internationalen Flughafen „José Marti“ der kubanischen Hauptstadt Havanna, den die Gesellschaft gern im Portefeuille gehabt hätte, schnappten ihr allerdings im vergangenen Jahr zwei französische Unternehmen vor der Nase weg. Das politische Chaos in Madrid hatte daran seinen Anteil.

Seit 2015 kontrolliert der spanische Staat Aena nur noch zu 51 Prozent. Seitdem wirft sie für ihre Aktionäre und den Finanzminister dicke Gewinne ab, Tendenz weiter steigend. Unter dem Dach der Gesellschaft ist auch die öffentliche Flugverkehrskontrolle Enaire angesiedelt. An mehr als einem Dutzend spanischer Flughäfen wurde zur Reduzierung von Kosten die Arbeit der Fluglotsen allerdings bereits privaten Dienstleistern übertragen. Neben mehr Geld in den Portemonnaies fordern die Gewerkschaften außerdem, dass Aena an den spanischen Standorten 700 neue Jobs schafft. Mit ihren Salärs unzufrieden sind nicht nur die einfachen Angestellten des Unternehmens. Auch Aena-Präsident José Manuel Vargas Gómez, der die Gesellschaft international noch stärker auf Expansionskurs sehen möchte, und leitende Manager beklagen sich öffentlich. Wegen fortwirkender Regeln aus der Zeit als rein öffentliches Unternehmen müssen sie sich mit lediglich sechsstelligen Jahreseinkommen begnügen, statt wie andere Konzernbosse Millionen einzustreichen. Etliche Spitzenkräfte wechselten bereits zur Konkurrenz oder wurden abgeworben. So hat auch hier jeder sein Kreuz zu tragen.

Von Peter Steiniger, erschienen in: Rotfuchs, Ausgabe Oktober 2017, S. 11, Link