Regierung reagiert auf Proteste

Mit dem Vorschlag einer Volksabstimmung über die Einberufung einer außerordentlichen Verfassungsversammlung zur Beratung einer Politikreform geht Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff (Arbeiterpartei – PT) in die politische Offensive. Ziel sind transparenter und effizienter arbeitende Volksvertretungen. Die rechte Opposition kritisiert das Vorhaben.

Rousseff würde sich über das Parlament hinwegsetzen wollen. Am Montag beriet die Präsidentin mit Gouverneuren und Bürgermeistern in der Hauptstadt Brasília über Maßnahmen zur Verbesserung der öffentlichen Dienste. Des weiteren traf die Staatschefin dort mit Vertretern des Movimento Passe Livre (MPL) zusammen. Gegen Fahrpreiserhöhungen im Nahverkehr gerichtete Aktionen dieser Bewegung standen am Anfang der Massenproteste, die das Land derzeit in Atem halten.

Nun sollen umgerechnet 16 Milliarden Euro in den öffentlichen Personennahverkehr investiert werden. Der MPL, der seit Jahren für die kostenlose Nutzung von Bussen und Bahnen streitet, begrüßte den Dialog. Rousseff habe deutlich gemacht, daß sie Mobilität als ein Recht und nicht als eine Dienstleistung begreife. Zugleich wurde kritisiert, daß von der Regierung konkrete Maßnahmen fehlten, um die prekäre Situation endlich zu verbessern.

In mehreren Städten gingen auch zu Wochenbeginn wieder Tausende auf die Straße. Rousseff bekräftigte am Montag noch einmal die Entschlossenheit der Regierung, ein großes Reformpaket zur Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung auf den Weg zu bringen. Im Gesundheitssystem sollen mehr Stellen geschaffen und Ärzte aus dem Ausland engagiert werden, vor allem zur besseren Betreuung ärmerer Bevölkerungsschichten. Im Mai bereits hatte das Kabinett ein Abkommen mit Havanna geschlossen, nach dem 6000 kubanische Ärzte nach Brasilien entsandt werden. Rousseff wiederholte ihr Versprechen, die gesamten Einnahmen aus Ölförderlizenzen in das Bildungswesen zu investieren. Vor der Küste entdeckte Vorkommen versprechen einen Aufstieg Brasiliens zu einem der führenden Produzenten.

Rousseff sprach sich für eine strengere Ahndung von Korruption aus und griff damit eine der zentralen Forderungen der Protestbewegung auf. Für Mittwoch werden, insbesondere zum Confed-Cup-Spiel in Belo Horizonte, neue Manifestationen erwartet.

Von Peter Steiniger. Erschienen in: junge Welt vom 26.06.2013, Nr.145, S.2, Link