Pressefreiheit in Gefahr

Das erste Amtsjahr von Präsident Jair Bolsonaro war für viele Medienschaffende in #Brasilien kein gutes. Der Bericht des nationalen Journalistenverbandes Fenaj für 2019 verzeichnet eine Zunahme von Angriffen auf Journalisten. Gezählt wurden 208 Fälle von öffentlicher Diskreditierung, Einschüchterung und Bedrohung von Medien und Pressevertretern. Mehr als zwei Drittel solcher Attacken gehen auf das Konto von Politikern. Allein Bolsonaro griff im vergangenen Jahr 121 Mal öffentlich Medienhäuser und deren Berichterstatter an. „Mittels seiner Erklärungen fördert der Regierungschef systematisch die Diskreditierung der Presse und der Journalisten“, schätzt FENAJ ein.

Ein Opfer seiner Verleumdungen war die Fernsehkommentatorin Míriam Leitão. Bei einem Treffen mit ausländischen Pressevertretern am 19. Juli 2019 brachte Bolsonaro sie mit der Guerilla von #Araguaia in Verbindung. Die Untergrundbewegung hatte von 1967 bis 1974 gegen die Diktatur gekämpft. Tatsächlich gehörte Leitão damals der KP an und war in der Studentenbewegung aktiv. Im Alter von nur 19 Jahren war sie 1972 verhaftet und in eine Kaserne nahe der Stadt Vitória verschleppt worden. Leitão war zu dieser Zeit schwanger. Ihre Berichte über die Folter während der Haft nannte Bolsonaro eine Lüge. Am 20. Dezember des vergangenen Jahres traktierte der Präsident vor seinem Amtssitz gleich drei Journalisten mit homophoben Beschimpfungen. Sie hatten Fragen zu Ermittlungen gegen Bolsonaros ältesten Sohn Flávio gestellt. Dabei zeigen sich immer mehr Verbindungen der Bolsonaro-Familie zu kriminellen Milizen in Rio.

FENAJ dokumentiert neben verbalen auch körperliche Angriffe auf Pressevertreter. In der Stadt Maricá im Bundesstaat Rio de Janeiro gab es zwei Morde: Am 25. Mai 2019 wurde der Zeitungseigner und Journalist Robson Giorno von Unbekannten erschossen. Die Behörden gehen dem Verdacht eines politisch motivierten Verbrechens nach. Drei Wochen später trafen Kugeln den Reporter eines Nachrichtenportals Romário da Silva Barros. Er hatte vor allem über die Polizei berichtet. Mit 15 ist die Zahl der Journalisten, die 2019 in Ausübung ihres Jobs verletzt wurden, leicht rückläufig. Der Journalistenverband vermutet allerdings eine hohe Dunkelziffer.

Von Peter Steiniger. Veröffentlicht in RotFuchs, 22. Jahrgang, Nr. 266, März 2020, Seite 5