Schwedens Streitkräfte bereiten sich auf den libyschen Kriegsschauplatz vor. Geplant wird die Entsendung von acht Mehrzweckkampfflugzeugen des Typs JAS 39 Gripen, die innerhalb von wenigen Tagen dort eingreifen sollen.
Erwartet wird ein entsprechendes Ersuchen an Schweden während der Libyen-Konferenz am 29. März in London. Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ist bereit, ein Kontingent der „Nordic Battle Group“ des allianzfreien Schwedens unter NATO-Befehl zu stellen. Eine Mehrheit im Reichstag für einen entsprechenden Beschluß gilt als sicher. Von den im Parlament vertretenen Parteien lehnen einzig die rechtsextremen Schwedendemokraten ein Mandat für einen „unklaren militärischen Einsatz unter Führung fremder Länder“ geschlossen als „unverantwortlich“ ab.
Die Sozialdemokraten als größte Oppositionspartei wollen hingegen eine Anfrage der NATO wohlwollend prüfen. In der Rolle der westlichen Militärkoalition beim Kriegseinsatz sähen sie kein Problem, so ihr außenpolitischer Sprecher Urban Ahlin. „Solange es ein UN-Mandat gibt, spielt es keine Rolle, ob die NATO, die EU oder irgend jemand anderes das formelle Kommando innehat“, sagte er der Tageszeitung Dagens Nyheter. Wesentlich sei die völkerrechtliche Verankerung.
Auch die Linkspartei hat sich der Koalition der Willigen angeschlossen. Sie stellt die Auseinandersetzungen in Libyen in eine Reihe mit den Protesten gegen Diktaturen und autoritäre Regimes in weiteren nahöstlichen und nordafrikanischen Ländern. Diese hätten auch für Schweden die Frage aufgeworfen, „wie wir dazu beitragen können, den Aufbau einer Demokratie dort zu unterstützen und die Menschenrechte zu stärken“, unterstrich Vorsitzender Lars Ohly. In einer Erklärung versichert er die volle Unterstützung seiner Partei für die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates. „Die grausame Art des Ghaddafi-Regimes, die Volksproteste niederzuschlagen, hat uns in unserer Ansicht bestärkt, daß in dieser Situation eine Flugverbotszone der einzige und damit richtige Weg war.“ Die Pflicht zum Schutz der Opposition und der Zivilbevölkerung wögen schwerer als Libyens nationale Souveränität. Es müsse aber beim Bomben bleiben: Für die zustimmende Haltung der Linkspartei zu einer schwedischen Beteiligung sei es wesentlich, daß ein Einsatz von Bodentruppen auf libyschem Territorium im UN-Beschluß ausgeschlossen wurde.
Diese Linie trifft in der Vänsterpartiet vermehrt auf Widerspruch. Parteivorstandsmitglied Martina Nillson sieht in der militärischen Intervention keine Lösung. Es gäbe andere Möglichkeiten als westliche Waffen, die Opposition in einem Land zu unterstützen, etwa ökonomischen und politischen Druck. Auch Aron Etzler, Herausgeber der linksgerichteten Zeitung Flamman, sieht die Kapitulation von Vänster vor der öffentlichen Meinung kritisch. Es sei tragisch, daß jeder Gedanke daran, schwere Konflikte auf andere als kriegerische Art zu lösen, aus der Debatte verschwunden sei. Wenn man dann nur noch „zwischen Passivität und Raketenangriff zu wählen“ habe, würden sich viele, auch Linkskräfte, für die Raketen entscheiden. Doch es sei deren Pflicht, genau wie die der UNO, aktive Konfliktlösungen auf friedlichem Weg anzustreben.
Für solche wirbt auch die Friedensorganisation Svenska Freds. Deren Vorsitzende Anna Ek sieht in einer Entsendung von Kampfflugzeugen einen „offensichtlichen PR-Trick von Luftwaffe und Rüstungsindustrie“ für das seit 1982 laufende milliardenschwere Projekt des Saab-Konzerns, dem es international an Abnehmern mangelt. Mit einem Libyen-Einsatz würde sich Gripen (der Greif) das exportfördernde Prädikat „kampferprobt“ verdienen.
Von Peter Steiniger. Quelle: https://www.jungewelt.de/2011/03-28/011.php