Das schwedische Echo auf die blutige Kaperung der Schiffe der „Freiheitsflotte“ mit Hilfsgütern für Gaza ist heftig und nahezu einhellig. Mit Besorgnis um das Schicksal von elf schwedischen Aktivisten und mit Schärfe gegenüber Israels Verantwortlichen reagierte Schwedens Außenminister Carl Bildt auf den Vorfall. „Das ist sehr ernst und inakzeptabel.“
Schwedens konservativer Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt reagierte ähnlich. Die Anstrengungen richteten sich laut Bildt nun auf eine „so breite und so starke internationale Reaktion wie möglich“. Er stellt sich hinter die Forderung nach einer „sofortigen, dauerhaften und bedingungslosen Öffnung der Grenzübergänge nach Gaza für humanitäre Hilfe, Handel und Personen“.
Zu den schwedischen Beteiligten an „Ship to Gaza“ gehörten auch der prominente Schriftsteller und Regisseur Henning Mankell sowie der grüne Reichstagsabgeordnete Mehmet Kaplan. Mankell, der unverletzt blieb, soll in der Hafenstadt Aschdod festgehalten werden. Die israelischen Behörden stellen ihn vor die Alternative Ausweisung oder Tribunal.
Bereits am Montag abend hatten sich mehr als 7000 Teilnehmer zu einer Protestkundgebung im Zentrum Stockholms zusammengefunden. Zu den Rednern zählten Lise Bergh, Generalsekretärin von Amnesty International Schweden, und Lars Ohly, Vorsitzender der Linkspartei (Vänster Partiet). Ohly fordert Sanktionen gegen Israel. Auch in Göteborg wurde demonstriert. Dort fand der außenpolitische Sprecher der Partei, Hans Linde, klare Worte: „Laßt unsere Botschaft an Israels Mörder deutlich sein – unsere Solidarität könnt ihr nicht ermorden!“
Gegen den Trend will sich der Jugendverband der konservativen Moderaten Sammlungspartei profilieren. „Ship to Gaza“ sei „keine Wohltätigkeitsreise“ gewesen. Leider habe sie ihr Ziel – den Konflikt – erreicht, werden hier Täter und Opfer vertauscht.
In einer gemeinsamen Stellungnahme verurteilt das neue rot-grüne Wahlbündnis aus Sozialdemokraten, Umweltpartei und Linken Israels Aktion. Diese verstoße gegen das Völkerrecht. Israels Gaza-Blockade habe das Gebiet „zu einem gigantischen Freiluftgefängnis gemacht“. Sie habe dort zu einer ökonomischen Katastrophe, mit Massenarbeitslosigkeit und Leiden für die Bevölkerung geführt. Diese müsse „in Freiheit, Demokratie und mit Menschenrechten“ leben dürfen. Die sozialdemokratische Vorsitzende und Herausforderin von Ministerpräsident Reinfeldt bei den Reichstagswahlen im Herbst, Mona Sahlin, fordert, daß Schweden seinen Militärattaché aus Israel abzieht und die EU ihr Handelsabkommen mit dem Land aussetzt.
Von Peter Steiniger. Quelle: https://www.jungewelt.de/2010/06-02/037.php