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Dominostein des Tages: Renan Calheiros

Undank ist der Welten Lohn. Der Richter des Obersten Gerichts Marco Aurélio hat Brasiliens Senatspräsidenten Renan Calheiros vorläufig des Amtes enthoben. Nun wackelt die Bude aber richtig: Die Erosion der Regierung von Präsident Michel Temer ist mittlerweile bei der Nummer zwei im Staat angekommen. 

Renan Calheiros war dessen eigentlicher Königsmacher. Dem parlamentarisch-justiziellen Putsch des Vize gegen die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT) hatte er den Weg freigemacht, indem er den fadenscheinigen Antrag zur ihrer Amtsenthebung zur Entscheidung im Senat als dessen Präsident überhaupt zuließ. Am 31. August fielen dort die Würfel gegen Rousseff, wurde Temers neue Rechtsregierung endgültig sanktioniert. Sein Kabinett hatte in nur wenigen Monaten ein halbes Dutzend spektakulärer Abgänge von Ministern zu verzeichnen, die in dunkle Machenschaften verwickelt sind.

unbenanntNun also ist die Reihe an Calheiros, der wie Temer der Partei der Brasilianischen Demokratischen Bewegung (PMDB) angehört. Ein Mann, der sich unangreifbar wähnte, seine Positionen stets nach Konjunktur wählte und sich kaum Freunde gemacht hat. Wie üblich geht es um Veruntreuung und Korruption. Bisher nur Petitessen, doch es kommt sicher noch einiges nach. Der Unmut in der Bevölkerung kocht hoch, zumal die Wirtschaft weiter stagniert. Es gibt öffentliche Proteste, auch der rechte Mob zuckt. Vor wenigen Tagen wurde Calheiros unter Anklage gestellt. Ein Unglück kommt selten allein, und so entschied seine Suspendierung ausgerechnet eine der ganz wenigen seriösen Figuren am obersten Tribunal. Es sei mit dem Ansehen des Staates und einer funktionierenden Gewaltenteilung unvereinbar, dass das zweithöchste Amt von jemandem bekleidet werde, der eventuell Straftäter ist. Calheiros sträubt sich, den Stuhl zu räumen, hat Berufung eingelegt. Wieder einer, der nicht zu retten ist. (pst)

Von Peter Steiniger, erschienen in: junge Welt vom 07.12.2016, S. 8, Link