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Rechte Offensive

Mit einem harten Sparkurs und sozialen Einschnitten versucht die sozialistische Minderheitsregierung von Premier José Socrates in Portugal, die Staatsverschuldung zu drücken und Reputation an den internationalen Finanzmärkten zurückzugewinnen. Lissabon möchte um einen Offenbarungseid herumkommen und bestreitet vehement, auf internationale Finanzhilfen angewiesen zu sein. Das Austeritätsprogramm – mit Kürzungen bei Rentnern, Arbeitslosen und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, eingefrorenen Investitionen und Anhebungen bei Einkommens- und Mehrwertsteuer läßt jedoch auch die Binnennachfrage sinken und wirkt konjunkturdämpfend. Schon beim Euro-Schuldengipfel am 11. März in Brüssel könnte Sócrates gezwungen sein, die Hosen herunterzulassen und sich hinter Griechenland und Irland anzustellen.

Innenpolitisch zahlen die Sozialisten der PS bereits jetzt einen hohen Preis für ihren politischen Kurs. In den Umfragen sind sie abgestürzt. Sie sehen sich mit den größten Massenprotesten in Portugals jüngerer Geschichte konfrontiert. Den bisherigen Höhepunkt bildete ein von der kommunistisch beeinflußten Gewerkschaft CGTP und der PS-nahen Gewerkschaftszentrale UGT gemeinsam getragener Generalstreik am 24. November 2010.

Die konservative Opposition mit Pedro Passos Coelho (PSD) an der Spitze, welche die Sparmaßnahmen im Parlament passieren ließ, wittert ihre Chance zu einer baldigen Rückkehr an die Macht. Bei den Präsidentschaftswahlen am 23. Januar war der rechtsliberale Staatschef Aníbal Cavaco Silva auf Anhieb im Amt bestätigt worden. Der Kandidat von Sozialisten und Linksblock (BE), Manuel Alegre, landete mit weniger als einem Fünftel der Stimmen weit abgeschlagen. Mit einem Mißtrauensvotum gegen die Regierung Sócrates versucht Bloco de Esquerda nun, sich vom sinkenden PS-Schiff wieder abzusetzen.

Einen solchen Schritt behalten sich auch die Kommunisten (PCP) vor, die seit den letzten Parlamentswahlen im September 2009 mit 15 Abgeordneten in der Versammlung der Republik vertreten sind. Die entscheidende Frage sei aber, ob sich politisch etwas ändere, betont Generalsekretär Jerónimo de Sousa in einem Interview mit der Zeitung Diário de Noticias. „Die Rechte möchte, daß die PS die Drecksarbeit macht.“ Sie warte nur auf den richtigen Zeitpunkt, um dann selbst unbefleckt die Macht zu übernehmen. so de Sousa. Die PCP, die am Sonntag den 90. Jahrestag ihrer Gründung begeht und damit die älteste Partei des Landes ist, sieht die arbeitende Bevölkerung „der größten Offensive gegen ihre Rechte seit der Periode des Faschismus“ ausgesetzt. Angesichts des desaströsen Kurses, der Portugal „ungerechter, ungleicher, abhängiger und undemokratischer“ mache, sei die Partei „unersetzlich im Kampf für einen Bruch mit der Politik der Rechten“, wie sie mit der kapitalistischen Integration in die EU von PS, PSD und rechtsaußen angesiedelter CDS seit 25 Jahren praktiziert werde, heißt es in einer Erklärung zum Jubiläum. Mit Veranstaltungen zum Parteigeburtstag will sie landesweit auch gegen die aktuelle Politik mobilisieren. Am 6. März 1921 in Lissabon gegründet und seit der Errichtung einer klerikal-faschistischen Diktatur 1926 opferreich in der Illegalität kämpfend, leistete die PCP entscheidende Beiträge zum Sturz des Salazar- bzw. Caetano-Regimes und die Erringung sozialer und politischer Rechte mit der April-Revolution 1974. Ihr historisch verbürgter Einsatz für Freiheit, Demokratie und Sozialismus verleiht Portugals KP ein besonderes Prestige.

Von Peter Steiniger. Quelle: https://www.jungewelt.de/2011/01-21/011.php

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