Für den Star der brasilianischen Linken wird es enger. Am Freitag nahm ein Gericht in der Hauptstadt Brasília eine Klage der Staatsanwaltschaft gegen Brasiliens früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva an.
Dem Politiker der Arbeiterpartei (PT) wird Behinderung der Justiz bei Ermittlungen der Operation „Lava Jato“ zu Korruptionsfällen um den halbstaatlichen Petrobras-Konzern vorgeworfen. Die Anschuldigungen stützen sich auf Aussagen des Exsenators Delcídio do Amaral, der im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen bei Auftragsvergaben von Petrobras an Bauunternehmen angeklagt ist. In den Skandal sind namhafte Politiker fast aller Parteien verwickelt. Der ehemalige PT-Fraktionsführer Amaral belastet Lula gegenüber den Behörden als angeblichen Mitwisser solcher Vorgänge und Beteiligten bei einer versuchten Zeugenbestechung.
Im rechten Lager wurde die Nachricht euphorisch aufgenommen. Bei einer Verurteilung droht Lula der Verlust des passiven Wahlrechts, so dass er bei den Präsidentschaftswahlen 2018 außen vor wäre. Nach Umfragen hätte Lula, dessen Sozialpolitik Millionen aus der Misere holte, weiter Chancen, diese für sich zu entscheiden. Der Politiker weist sämtliche Vorwürfe als unwahr zurück. Mit seinen Aussagen wolle sich Amaral als Kronzeuge von einer harten Strafe freikaufen.
Am Tag zuvor hatten sich Lulas Anwälte an den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf gewandt. In ihrem Schreiben beklagen sie die Parteilichkeit der Ermittler und listen deren Rechtsbrüche auf. Dazu zählen Abhöraktionen, Durchstechereien an die Medien und eine spektakuläre polizeiliche Zuführung Lulas zum Verhör im vergangenen März. Im Vorgehen der Justiz sehen sie einen Vorstoß gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem auch Brasilien angehört.
Solidarität erfuhr Lula am Sonntag auf großen landesweiten Demonstrationen unter dem Motto „Fora Temer“ (Weg mit Temer). Sie richteten sich gegen die laufende Amtsenthebung der gewählten Präsidentin Dilma Rousseff (PT) und die rechte, tief in die Korruption verstrickte Interimsregierung von Michel Temer.
Von Peter Steiniger, erschienen in: junge Welt vom 01.08.2016, S.2, Link