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Lenin in Berlin

Seit 1964 erinnert in der Frankfurter Allee 102 in Berlin-Friedrichshain eine Gedenktafel an den Besuch von Wladimir Iljitsch Lenin. Es ist eines von wenigen Gebäuden am einstigen „Boulevard des Ostens“, das im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde.

Vor 130 Jahren hatte sich der russische Revolutionär W. Uljanoff sieben Wochen lang in der Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs aufgehalten, wo er die „Kommode“ genannte Königliche Bibliothek am Platz am Opernhaus (heute Bebelplatz) für seine Studien nutzte. Wohnhaft war er bei Frau Kurreick in der Flensburger Str. 12 in Berlin-Moabit.

Am 3. August 1895 besuchte der spätere Begründer der Sowjetunion eine SPD-Versammlung im Lokal Spitzig in der Frankfurter Allee/Ecke Kronprinzenstraße (heute Jessnerstraße) in Friedrichsberg, das zur Gemeinde Boxhagen-Rummelsburg im Kreis Niederbarnim gehörte. Redner war der Reichstagsabgeordnete Arthur Stadthagen.

Nach der Rückkehr von seiner Europareise nach Russland wurde Lenin im Dezember 1895 von der Polizei des Zaren verhaftet und für mehrere Jahre in die Verbannung geschickt. Das Pseudonym verwendete er erst im Anschluss.

Für die Arbeiterkneipe in der Frankfurter Allee (bis ca. 1916 Hausnummer 193) waren 1885 einem Carl Johann Christian Wulff die Erlaubnis zur Anlegung einer Schankwirtschaft (Wulff’s Salon) und dem Wirt Carl Spitzig die Schankerlaubnis erteilt wurden. Zwei Jahre später gaben die Behörden dem Antrag statt, hier Vorträge sowie Gesangs- und Theaterdarbietungen veranstalten zu dürfen. 1913 nannte sich die Gastro Restaurant Carl Spitzig und war nun Vereinslokal des 1873 gegründeten „Vereins der Deutschen Kaufleute, Ortsverein Berlin-Lichtenberg, Unabhängige Organisation für Handlungsgehilfen u. -Gehilfinnen“.

In den 1920er wurde aus Carl Karl und aus der Schankwirtschaft eine mit Weingroßhandlung. Ihr Inhaber legte sich einen NAG 40 des Berliner Automobilherstellers zu. Auch in der Nazizeit wurde hier, nun Frankfurter Allee 88, ausgeschenkt und nach dem Krieg eröffnete Roman Binasch seine „Gaststätte und Speisewirtschaft“, aus der 1948 die „Gaststätte zur Frankfurter Klause“ geworden war.

Neben dem Lokal mit dem berühmten Besucher befand sich 1901 in den Ladenräumen eine Filiale der Schirm-, Mützen-, Spazierstöcke- und Cravattenhandlung von Franz Haupt. 1912 hatte das Konfektionshaus von Wilhelm Pincus übernommen, der hier jahrzehntelang mit Schuh-und Textilwaren handelte. Am 4. Juni 1942 stand 76-jähriger Berliner mit diesem Namen auf einer Transportliste in das Ghetto Theresienstadt.

Seit 1934 hatte in dem Haus der Facharzt für Haut- und Geschlechtsleiden Franz Körner seine Praxis. Drei Jahrzehnte später trug er einen Doktortitel und war für seine Verdienste bei der medizinischen Betreuung der Bevölkerung mit dem DDR-Titel Sanitätsrat gewürdigt worden. Seine Nachfolge trat dann spätestens 1981 eine Staatliche Arztpraxis für Dermato-Venerologie an.

Von 1949 bis 1961 lautete die Adresse Stalinallee 388. In diesen Jahren finden wir hier ein Jugendwohnheim des Bezirks Friedrichshain und den Lebensmittelladen von Karl Pingel, der 1970 auf Spirituosen umgeschwenkt war. Bereits in den 1950er hatte Gertrud Kuwalky ihren Laden für „Uhren – Schmuck – Geschenke“ eröffnet. Diesen übernahm dann der Uhrmachermeister Arno Waldorf. Der letzte Inhaber von „Waldorf-Schmuck“ hieß 1991 Harry Schulzendorf. Außerdem war das Haus in der Stalin- bzw. Frankfurter Allee Sitz der Tanzschule von Erich Kornills, der Anfänger, Fortgeschrittene und Ehepaar-Klubzirkel instruierte. Mitte der 1970er setzte das die Tanzschule des Kulturzentrums Friedrichshain als „Tanzschule für modernen Gesellschaftstanz“ fort.

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