
Neben dem alten Rathaus: Die Erzeugnisse der Druckerei im Hinterhaus der Friedrichstraße 86 (heute Bölschestraße) spielten lange eine wichtige Rolle im Leben der Friedrichshagener, deren Gemeinde 1920 ein Ortsteil von Berlin wurde. Seit dem 1. September 1894 firmierte unter dieser Adresse die Handelsgesellschaft Lemke & Kunzke der beiden Herren Buchdruckereibesitzer Carl Lemke und Albert Kunzke. Kunzke war auch Bauherr des 1875 errichteten Wohn- und Geschäftshauses gewesen.
Von 1889 bis 1928 wurde hier die „Niederbarnimer Zeitung“ erstellt und produziert. Ihr wichtigster Macher war zunächst Albert Kunzke selbst, bevor er sich in das Leben als Privatier zurückzog. Das „täglich außer nach Sonn- und Feiertagen“ erscheinende Lokal- und Amtsblatt nannte 1906 neben Friedrichshagen als Verbreitungsgebiet „Hirschgarten, Schöneiche, Klein-Schönebeck, Fichtenau, Rahnsdorf, Rahnsdorf-Mühle, Wilhelmshagen u.s.w.“ Spätestens 1914 ist Hugo Müller neuer Inhaber, 1926 erscheint das Blatt bei Stakemann, Müller & Strowig, Buchdruckerei und Verlag. Mit ihm erschienen auch zahlreiche illustrierte Beilagen von „Heitere Welt“ bis „Haus, Hof und Garten“.
Das „Zeitschriften-Adreßbuch“ weist 1925 und 1926 Hermann Teistler als Redakteur der „Niederbarnimer Zeitung“ aus. Wegen sozialistischer und religionskritischer Schriften war Teistler (1867–1937) im Kaiserreich mehrmals ins Gefängnis gewandert. Er selbst war mit der korrumpierenden Wirkung des Parlamentarismus auf die Sozialdemokratie hart ins Gericht gegangen. Als das alles nichts genutzt hatte, zog sich Teistler im schönen Jahr 1900 aus der Politik zurück und nach Friedrichshagen bei Berlin, wo er Ansichtskarten herausgab und sich mit Regionalgeschichte befasste.

Aus der „Niederbarnimer“ wurde 1928 die „Groß-Berliner Ost-Zeitung, Tageblatt für Friedrichshagen“. Nach dem Machtantritt der Nazis 1933 schwamm sie mit. Ab 1943 als „Das Dampfboot – Berliner Ostzeitung“, bevor von September 1944 bis April 1945 mehrere regionale Blätter als „Kriegsausgabe Süd-Berlin: Morgenzeitung für den Süden und Osten Berlins“ fusionierten.