Ein einmaliges Fest: Das galt auch für die bereits 41. Ausgabe der „Festa do Avante!„, des Presse- und Volksfestes der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) und ihrer Wochenzeitung. Wie stets Anfang September zog es Hunderttausende Menschen aller Generationen und aus allen Ecken Portugals in die riesige, fahnengeschmückte Feststadt. Ihre Straßen und Plätze wurden von Bühnen, Pavillons, Bars und Restaurants – von Tausenden Freiwilligen in wochenlanger Arbeit aufgebaut – gesäumt. Seit 1990 wird sie am Lissabon gegenüberliegenden Ufer des Tejo errichtet, in der Gemeinde Amora, die zu den südlichen Vorstädten der Hauptstadt zählt. Hier gibt es viele weitere Hochburgen der PCP und ihrer Wahlallianz mit den Grünen (PEV). Den politischen Höhepunkt der Großveranstaltung bildete erneut die Abschlusskundgebung am Sonntag vor der Hauptbühne „25. April“, deren Name an den Sturz des klerikal-faschistischen Regimes und den Beginn der Nelkenrevolution 1974 erinnert.
Zum zweiten Mal fand das Fest auf erweitertem Gelände statt. Zum ehemaligen Weingut von Atalaia kommt seit dem vergangenen Jahr noch die Quinta do Cabo da Marinha hinzu, deren Kauf eine Spendensammlung ermöglicht hatte. Und zum zweiten Mal stand es unter den politischen Vorzeichen einer von den Sozialisten (PS) geführten Minderheitsregierung mit António Costa an der Spitze, die sowohl vom Linksblock (BE) als auch den Kommunisten und Grünen gestützt wird. Die von den konservativen Vorgängern praktizierte Politik des Roststifts wurde vom Costa-Kabinett nicht fortgeführt, besonders unsoziale Maßnahmen wurden zurückgenommen. Günstige externe Faktoren und die Zunahme des Tourismus erweiterten Lissabons Spielräume, obwohl die Folgen der Schuldenkrise den Staatshaushalt nach wie vor belasten. Mit diesem teilweisen Politikwechsel hat sich trotz weiter bestehender tiefer Differenzen und eines historisch belasteten Verhältnisses auch die Tonlage zwischen diesen und den Kommunisten verändert.
Bereits zur Eröffnung der „Festa do Avante!“ am Freitag nachmittag hatte PCP-Generalsekretär Jerónimo de Sousa vor Tausenden Anhängern deutlich gemacht, dass man sich der Beschränkungen der gegenwärtigen Regierung bewusst sei. Zugleich wies er auf positive Entwicklungen hin. So werden die Altersbezüge ab Oktober steigen und drastische Abschläge für Frührentner wegfallen, was die Kommunisten vor allem als ein Ergebnis ihrer energischen Initiativen ansehen. Im Unterschied zu früher fehlten in diesem Jahr scharfe Angriffe auf die Sozialisten. Zugleich bekräftigte der Parteichef jedoch die klare Ablehnung der NATO durch die PCP, unterstrich die Solidarität mit den jüngsten Streiks wie etwa bei „Portugal Telecom“ und forderte die Sozialistische Partei auf, die angestrebte Privatisierung von öffentlichem Eigentum aufzugeben.
Die portugiesischen Kommunisten seien solidarisch mit „allen Völkern, die den Offensiven des Imperialismus ausgesetzt sind“ und die um die Behauptung ihrer Souveränität kämpften. Konkret genannt wurden Brasilien, Kuba und Venezuela. Vertreter der kommunistischen Parteien dieser Länder traten auf dem Fest auf. Auch die Vorsitzende der brasilianischen Arbeiterpartei (PT), Gleisi Hoffmann, nahm an der Großveranstaltung teil.
Solidarität und Internationalismus spiegelte auch der internationale Bereich des Festes wider, wo sich Dutzende linke Parteien und Bewegungen aus aller Welt präsentierten. Deutschland war mit der Linken und der DKP vertreten. Ein zentrales Thema der Ausstellungen und Debatten bildete der bevorstehende 100. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution.
Innenpolitisch war die „Festa do Avante!“ ein eindrucksvoller Kampagnenauftakt, denn am 1. Oktober finden in ganz Portugal einschließlich der autonomen Regionen Madeira und Azoren Kommunalwahlen statt. Die PCP will dabei ihre Positionen deutlich ausbauen.
Von Peter Steiniger, Lissabon. Veröffentlicht in: junge Welt, 4.9.2017, Seite 7, Link