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Für den Fall der Fälle

Er ist ein Mann der klaren Worte und der sauberen Weste. Ciro Gomes warnte früh vor dem institutionellen Putsch, der zur Suspendierung von Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT) führte.

Der 58jährige Juraprofessor besitzt jahrzehntelange Erfahrung im politischen Geschäft und spricht ungeschminkt aus, was er von dessen Akteuren weiß und denkt, politische Freunde eingeschlossen. Er war bereits Abgeordneter, Gouverneur des nordöstlichen Bundesstaates Ceará, Bürgermeister der Großstadt Fortaleza, 1994 Minister für Finanzen unter Präsident Itamar Franco und für Nationale Integration während der ersten Amtsperiode von Rousseffs Vorgänger Lula da Silva ab 2006. Er hat sich einen Ruf als Krisenbewältiger erarbeitet. Zweimal bereits, 1998 und 2002, trat er in der ersten Runde von Präsidentschaftswahlen als Kandidat an und erzielte achtbare Ergebnisse. Nun möchte ihn die Mitte-links-Partei PDT (Partido Democrático Trabalhista) zu ihrem Kandidaten für die regulär 2018 anstehenden Wahlen zum höchsten Staatsamt küren, das derzeit Interimspräsident Michel Temer mit seiner „Regierung der nationalen Rettung“ okkupiert, die Brasilien einen Rechtskurs aufzwingt.

Zwar hätte nach derzeitigen Umfragen Lula da Silva die größten Chancen, die viermal in Folge bei Präsidentschaftswahlen erfolgreiche Linke erneut zum Sieg zu führen. Die Betreiber des institutionellen Putsches arbeiten aber daran, dessen Kandidatur mit allen Mitteln zu vereiteln. Der rechte Untersuchungsrichter Sérgio Moro möchte Lula Korruption anhängen, die Leitmedien möchten sein Prestige zerstören, und im Parlament gibt es einen Vorstoß für eine „Lex Lula“ – den Ausschluß von Menschen ohne Hochschulabschluss vom Recht zur Kandidatur. In einem Interview mit dem gewerkschaftlichen Fernsehkanal TVT erklärte Ciro Gomes nun, auf eine Kandidatur nur zu verzichten, wenn Lula selbst antrete. „Lula ist größer als ich.“ Die Stimmen der Linken dürften nicht zersplittert werden. Zugleich kritisierte er Lulas Taktik als Fehlschlag, aus machtpolitischen Gründen eine Allianz mit der korrupten rechtsopportunistischen PMDB von Temer eingegangen zu sein.

Von Peter Steiniger, erschienen in: junge Welt vom 27.06.2016, S. 2, Link

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