Vor anderthalb Jahren erst erblickte im Städtchen Covilhã am Rande des Sterngebirges Maria Zimbro das Licht der Welt. Zwei Mütter hat Maria: es sind die Schwestern Ana und Elisa Bogalheiro. Die beiden couragierten jungen Frauen stecken hinter der sich Maria Zimbro nennenden Plattform. Mit ihr wollen sie neue Welten für eine breite Palette künstlerischen und handwerklichen Schaffens aus Portugal öffnen. Zum Repertoire gehören unter anderem Malerei, Fotografie und Skulptur, Mode und Schmuck, Möbeldesign und Arbeiten aus Glas.
Der Name des Projekts ist nicht nur klangvoll, sondern auch Programm: Zimbro ist das portugiesische Wort für Wacholder, einem typischen Gewächs der Serra de Estrela, dem Granitgebirge im Osten Zentralportugals mit den höchsten Gipfeln zwischen Rio Minho und Algarveküste. Das künstlerische Handwerk und dessen Traditionen aus ihrer Heimatregion Beira Interior liegen Ana und Elisa besonders am Herzen. Der klassisch feminine Vorname Maria steht für weiblichen Unternehmergeist.
Erstmals kommt Maria Zimbro nun nach Berlin, um hier vielfältige Arbeiten zu präsentieren und Interesse an portugiesischem Kunsthandwerk und Design zu wecken. Ort der Exposition ist die Galerie Little POP Machine nahe dem Helmholtzplatz im Stadtteil Prenzlauer Berg. Betrieben wird sie von Marianne Schwaderer und Christopher von Kretschmann, beides Chilenen mit – wie an den Namen unschwer erkennbar – deutschen Wurzeln, die vor sechs Jahren nach Berlin kamen – und von der Stadt nicht mehr los. Sie haben sich auf mit Illustrationen und Collagen künstlerisch aufgearbeitete alte Möbelstücke spezialisiert. „Das ist unsere Art des Recyclings, wir hauchen alten Dingen neues Leben ein“, sagt Christopher dazu. Die Portugal-Exposition in ihren Räumen sehen sie als einen Beitrag zur Weltoffenheit der Stadt und zur Solidarität mit den Künstlern des krisengeschüttelten Landes an. Positiv begleitet wird das Projekt auch von der Botschaft Portugals.
Die Arbeiten, die acht Tage lang in der Hauptstadt präsentiert werden, stammen von neunzehn Künstlerinnen und einem Textildesigner. Maria Zimbros regionalen Schwerpunkt ergänzen Kreationen aus Lissabon, Porto, Coimbro und dem Minho. Gezeigt werden auch Gemälde von Maria Guia Pimpão, deren vielseitiges Werk Tradition und Moderne – häufig expressionistisch mit starken Licht- und Farbeindrücken in Szene gesetzt – miteinander verbindet. Daß fast ausschließlich Frauen im Repertoire vertreten sind, hat, so berichtet Elisa Bogalheiro, zuständig für das Marketing, auch mit der aktuellen sozialen und wirtschaftlichen Situation in ihrem Land zu tun. Bei der Auswahl und Förderung von Talenten würde Kuratorin Ana Bogalheiro, die selbst auch als Fado-Sängerin in Erscheinung tritt, besonders auf weibliche Künstler achten. Deren Fähigkeiten im Kunsthandwerk seien mitunter eine Möglichkeit, sich in der Krise zu behaupten. „Die Krise trifft gerade im Landesinneren die Frauen besonders hart.“
In konservativ geprägten Regionen wie Beira Interior und Städten wie Covilhã behielten eher die Männer als Ernährer der Familie ihre Jobs als die Frauen. Es mangele an Alternativen wie Dienstleistungsberufen, da auch der Tourismus noch wenig entwickelt sei. „Auch in der Politik, als Selbständige und Unternehmer sind Frauen völlig unterrepräsentiert.“ Den Künstlerinnen und Handwerkerinnen fehle es vor Ort häufig an Möglichkeiten, ihre Arbeiten zu zeigen oder Produkte zu vermarkten. Lücken, die Maria Zimbro mit der Ausdehnung der Offerten auf Orte außerhalb Portugals schließen helfen möchte. „Wir sind besonders gern nach Berlin gekommen“, hebt Elisa hervor, „die Stadt hat eine unglaublich breite künstlerische Szene und ist immer bereit für Neues.“ An diesem Sonnabend laden die Schwestern ab 18 Uhr zur Vernissage ein.
1. Portugiesischer Kunst- und Designmarkt Berlin, 22. bis 29.06.2013, tgl. 10–18 Uhr, Little POP Machine, Raumerstraße 34, 10437 Berlin
Von Peter Steiniger. Erschienen in: junge Welt vom 21.06.2013, Nr.141, S.15, Link