Brasiliens Politik mangelt es nicht an finsteren Figuren. In ihnen leben Geist und Mentalität brutaler Kolonisten und Sklavenhalter fort. Jair Bolsonaro sticht aus diesem Kreis noch heraus.
Gern wird er als ein brasilianischer Donald Trump bezeichnet. Tatsächlich hat der frühere Fallschirmjäger manches mit dem US-Tycoon gemeinsam, auch wenn er zivilisatorisch selbst gegen Pöbler Trump noch um einiges abfällt. Anders gesagt: Er hat eine Menge Scheiße im Kopf. Seine rassistischen, frauenverachtenden und homophoben Ausfälle sind Legende. Wie Trump möchte auch Bolsonaro der nächste Präsident seines Landes werden.
Der Parlamentsabgeordnete aus Rio de Janeiro glorifiziert die zivil-militärische Diktatur in Brasilien von 1965 bis 1985. Rechte Schläger berufen sich auf Bolsonaro, der Hassmob im Internet feiert ihn, und natürlich waren seine Anhänger auf den Demonstrationen des weißen Bürgertums gegen Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT) nach deren Wiederwahl 2014 präsent. Unter den reichsten Brasilianern läge Bolsonaro nach Umfragen in der Wählergunst vorne.
Bei der Impeachment-Abstimmung im Parlament gegen Rousseff am 17. April hatte er für einen makaberen Knaller gesorgt: Sein Votum widmete Bolsonaro dem Andenken an Oberst Ustra, „dem Schrecken von Dilma Rousseff“. Dieser leitete während der Diktatur das Verhörzentrum DOI-CODI in Rio de Janeiro, wo auch Widerständlerin Rousseff einsaß, und war ein übler Folterer. Nun muss sich Bolsonaro vor dem Ethikausschuss des Parlaments – ein Ort, der für Ethik an sich recht immun ist – wegen Verstoßes gegen dessen Codex verantworten. Ihm droht der Verlust des Mandats – und der Wählbarkeit, denn vor Gericht steht der Möchtegern-Trump gleichzeitig unter Anklage wegen verbaler sexueller Übergriffe auf eine Abgeordnete. Das wäre der Horror für Bolsonaro.
Von Peter Steiniger, erschienen in: junge Welt vom 04.07.2016, S. 8, Link