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Große Schwester des Tages: Liliana Ayalde

US-Diplomaten schleppen einen alten Fluch mit sich herum. Als ob Bazillen an ihren Sohlen klebten, scheiden dort, wohin sie entsandt werden, Staatsführungen dahin. Die Liste der Länder, die einen solchen Fußabdruck tragen, summiert sich bereits auf Dutzende.

Betroffen waren unter anderem Guatemala, Portugal, Chile und der Iran. Im US-Hinterhof grassierten sogar regelrechte Infektionswellen. Manche Botschafter waren als Unglücksboten so berüchtigt, dass für die betroffenen Staatschefs schon die Entgegennahme von deren Beglaubigungsschreiben einer Selbstaufgabe gleichkam. Hygieniker raten seit langem dazu, verdächtige Gäste frühzeitig als Persona non grata an ihren mächtigen Entsendestaat zurückzureichen. Denn Psychiater beobachten beim Personal des U. S. Department of State eine besondere Neigung dazu, in den Innereien des Empfangsstaats zu wühlen. Sie vermuten dahinter Zwangsvorstellungen von einer besonderen Mission, die Welt mit amerikanischen Werten zu penetrieren.

UnbenanntBereits vor längerer Zeit nachgewiesen wurde dieser Wahn bei Frank Carlucci, der im Kongo und in Portugal Gift streute, und nicht zuletzt bei Vernon Walters, der erst als Militärattaché in Italien die Finger in geheimen Staatsstreichplänen hatte, und dann beim Putsch in Brasilien 1964 mit den Generälen unter einer Decke steckte. Beide machten sich später ehrlich und wechselten in die Führungsetage der CIA. In Brasilien ist es mal wieder soweit. Nun ist es ein kalter Staatsstreich, inszeniert als Amtsenthebung, der dort die linke Präsidentin Dilma Rousseff ins Aus befördert. Ganz ähnlich wie bei Fernando Lugo 2012 in Paraguay. Die US-Botschafterin dort hieß damals Liliana Ayalde. Eine Frau aus dem Stall der internationalen Entwicklungsbehörde USAID, der Agency im Schafsfell. Wie also heißt die gegenwärtige US-Botschafterin in Brasília? (pst)

Von Peter Steiniger, erschienen in: junge Welt vom 19.05.2016, S. 8, Link

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