
Das Hotel Continental in einem 1895 errichteten Fabrikgebäude in der Elsenstraße im Berliner Ortsteil Alt-Treptow ist ein Zentrum und Veranstaltungsort für zeitgenössische Künstler, die wegen des Krieges aus der Ukraine geflohen sind.
Kein Kulturbeitrag wäre die für den gestrigen Abend geplante Veranstaltung gewesen. Dabei sollten hier Kämpfer einer aus dem Asow-Regiment hervorgegangenen Einheit auftreten, die sich unter dem Motto „Unsere Leute sind überall. Die Dritte Sturmbrigade in Europa“ auf einer Werbe- und Rekrutierungstournee befinden. Nach der Ankündigung von antifaschistischen Protesten wurden die Termine in Berlin, Hamburg, Köln, Rotterdam und Brüssel „aus Sicherheitsgründen“ abgesagt. Nun werden die „epischsten Geschichten von der Front“ nur in Prag und Vilnius zu hören sein.
Vor dem Gebäude in der Elsenstraße fand sich am Donnerstagabend eine kleine Schar von Menschen ein, die sich davon überzeugen wollten, dass es sich bei der Absage nicht um eine Kriegslist handelte. Abgesehen von erregten Debatten mit ukrainischen Besuchern des Kulturzentrums blieb alles friedlich. Bewacht wurde der Eingangsbereich von einer freundlichen Polizeistreife und einem Zivi-Pärchen, das es sich gegenüber gemütlich gemacht hatte.

Die Rolle und den Einfluss von Freiwilligeneinheiten wie Asow analysierte 2018 der Politikwissenschaftler Huseyn Aliyev für die schon damals kremlferne Bundeszentrale für politische Bildung in dem Aufsatz „Informelle Machthaber in der Ukraine“.
Im durch Russland eskalierten Krieg wird auf beiden Seiten Nationalismus geschürt und wie jeder zieht er Fanatiker, Abenteurer und Blutsäufer an. Bei der 3. Sturmbrigade sind auch nach der Integration der Freikorps in die regulären ukrainischen Streitkräfte Ende 2022 die faschistischen Bezüge klar erkennbar. Brigade-Chef Andriy Biletsky war Gründer und Leiter der rechtsextremen Partei Nationales Korps, die kriegsbedingt pausiert. Zuvor stand er an der Spitze der Neo-Nazi-Gruppen Patriot der Ukraine und Sozial-Nationale Versammlung. Von 2014 bis 2019 gehörte er als Abgeordneter der Rada an, wo man sich auch gerne kloppte.

Eine Rolle spielt die Brigade im Zusammenhang mit den derzeit laufenden Ermittlungen zum Mord an der Ultranationalistin Irina Farion am 19. Juli in Lwiw. Am rechten Rand der Ukraine ist man sich auch nicht immer braun: Hinter der durch einen 18-Jährigen verübten Tat will die Bewegung NS/WP (Nationalsozialismus/White Power) stecken. In ihrem Bekennerschreiben wird Bandera-Fan Farion, die der rechtsradikalen Partei Swoboda angehörte, ihre Hetze gegen russischsprachige ukrainische Soldaten vorgeworfen. Damit hatte sie sich Ende 2023 besonders bei den Kommandeuren der 3. Sturmbrigade und von Asow verhasst gemacht.
Wie das unabhängige ukrainische Nachrichtenportal Strana schreibt, hat NS/WP Wurzeln in Russland, stellt sich im Krieg aber auf die Seite der Ukraine und der rechtsextremen Russen, die für Kiew kämpfen. Die Polizei will im Fall Farion auch einer russischen Spur nachgehen, der Geheimdienst SBU zieht die Hand Moskaus hinter dem Mord in Betracht.