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Friedensstifter des Tages: 25 Intellektuelle

Wahlkampfzeiten sind Appellzeiten. Da die „politische Klasse“ sich dabei um Krieg und Krise drücken möchte, wird das moralische Gewissen tätig. Dafür hat Deutschland seine Dichter und Denker. Im Freitag beziehen nun 25 Geistesschaffende in einem Aufruf Stellung für den Abzug der Bundeswehr aus dem afghanischen Schlamassel: Schriftsteller, Medienleute, Musiker, Ärzte und Theologen. Daniela Dahn, Martin Walser, Charlotte Roche, Christoph Hein etc. Ihre Initiative und ihr Ziel sind zu begrüßen. Doch Klarheit schaffen sie nicht.

Im Gegenteil: Eine Nebelwand weht uns entgegen. Für SPD und Feldgrün gibt es Schonkost statt Saures. Kurz vor dem Urnengang möchte man diesen wohl nicht zu sehr auf die Stiefel treten. Bald werden es also 4500 deutsche Soldaten sein, die dort ihren „Dienst tun“. Kein guter Ort, denn: „Am Hindukusch wird Krieg geführt.“ Intellektuelle Redlichkeit beginnt heute ja schon bei der zutreffenden Bezeichnung einer offenkundigen Sache. Das Passiv läßt Verantwortliche außen vor. An ihre Stelle tritt eine unglückliche Fügung: „Deutschland hat sich in diesen Krieg verwickeln lassen.“ Der Gegner sei „keine Armee, sondern eine Kultur“. Dann ist Blackwater wohl eine Hochkultur.

Der Ruf nach einem „Raus aus Afghanistan“ wird lauter. Durch den deutschen Tatbeitrag von Kundus ist der Krieg stärker in die hiesige Öffentlichkeit gedrungen. Doch diesen „rauchenden Colt“ läßt der Aufstand der Aufrechten unbeachtet. Unser Land solle seiner übernommenen Verantwortung nicht ausweichen und in zwei Jahren den Übergang „zum nicht-militärischen Engagement“ vollziehen. Realpolitiker und Logistiker haben wir genug – Intellektuelle sollten sich um Grundsätzliches kümmern.

Krieg nennen sie Krieg. Doch das Morden, auch das mit dem Joystick, bleibt außen vor. Dieser Aufruf unterläßt „das Vernünftigste, was sich überhaupt tun läßt“ (Kurt Tucholsky): den Krieg zu entehren.

(pst)

Von Peter Steiniger. Quelle: https://www.jungewelt.de/2009/09-12/043.php

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